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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Theorie & Praxis Drehmomentausgleich



Magnus
5.March.2009, 19:19
Hi,

mal ne Frage zum Thema Drehmomentausgleich. Im Prinzip kann ich durch Änderung des Schwerpunkts das Drehmoment meines Motors (bei einmotorigem) Setup ausgleichen. Also bei einer angenommen Leistung von X Watt (an der Welle) und Y Umdrehungen pro Minute ergibt sich nach meiner Rechnung das Moment zu: M=n*2pi/60P (Moment ist gleich Drehzahl 1/min mal 2pi durch 60s durch die Leistung in W). Durch geschickte Plazierung von Akku, Regler etc, kann ich also (theoretisch) mein Drehmoment voll ausgleichen (Abstand Schwerpunkt zur Mitte * 9,81 m/s² * Masse(Akku usw in kg)). Soweit richtig?

Warum verwendet man dann hin und wieder einen Versatz der Welle? Wo ist der Vorteil in der Praxis? Bringts das eher bei Teillast? Macht das eine Abstimmung nicht komplizierter?

MiSt
5.March.2009, 19:25
Der Drehmomentausgleich sorgt dafür, daß das geradeaus fahrende Boot nicht schief (nach Steuerbord) hängt.

Wellenversatz oder Seitenzug baut man (auch) gegen den Propwalk (Radeffekt) ein, also die Neigung des Propellers, durch Abrollen auf der Wasseroberfläche das Heck nach Backbord zu ziehen und damit das ganze Boot in eine Rechtskurve.

EDIT: Siehe unten korrekte Erklärung von Sika

Robert
5.March.2009, 19:59
Nur das die Vorstellung mit dem laufenden Rad, Modell Schnecke oder Schraube in einer Mutter physikalisch Unsinn ist. Zum verdeutlichen aber ok.

Der Radeffekt selber beruht auf Druckunterschieden am Propeller, die während der Rotation im Wasser entstehen(Auftrieb-Widerstand). Eine Resultierende der Kraft zeigt nach rechts vom Heck aus gesehen, bei unseren üblichen Drehrichtungen. Die Erklärung mit dem Rad wird leider auch bei Motorbootführerscheinen und solchen Dingen pupliziert. Ist aber falsch, aber immerhin erfüllt sie ihren graphisch leichter verständlichen Zweck der Vorstellung.

Nette Grüße
Robert

schflipsi
1.October.2009, 18:38
Hallo,
ich hätte noch eine Frage diesbezüglich. Bei meiner X-Ray habe ich einen PowerTrimm verwendet. Dieser lässt sich ziemlich schwer nach links und rechts verbiegen. Ich kann also nur mit dem Schwerpunkt variieren.
Soll ich den jetzt mehr in Fahrtrichtung nach rechts oder links verschieben?

Viele Dank
Gruß
Philipp

MiSt
1.October.2009, 19:25
Bei der bei Modellrennbooten üblichen Propellerdrehrichtung gegen den Uhrzeigersinn (auf das Heck geschaut) muß mehr Gewicht auf die in Fahrtrichtung linke Seite, weil der Propeller das Boot nach rechts ("Steuerbord") drehen möchte.

Sika
4.October.2009, 22:14
1. Die Formel für das Drehmoment lautet P = 2Pi * M * n, mit P = Leistung in [W], n= Drehzahl in [U/s] und M = Drehmoment in [Nm].

Daraus ergibt sich M = P/(2*pi*n) - und nicht die von Magnus angegebene Formel.

Beispiel: Mono1/A
P = ca. 400W
n = 30000 U/min = 500 U/s
=> M = 400/(2*pi*500) = 0,127 Nm = 12,7 Ncm = 1,25 kg*cm

D.h. bei einem Bootsgewicht von 1.25kg muß der Schwerpunkt 1cm seitlich der Propellerdrehachse liegen um das Motordrehmoment auszugleichen.

2. Der seitliche Versatz der Antriebswelle dient, wie von Magnus richtig vermutet, primär dem Ausgleich des Drehmoments. Dies ist möglich weil das Drehmoment im Propeller übertragen wird und damit die Drehachse des Propeller als Referenzachse gilt. Im oberen Beispiel würde man den selben Drehmomentausgleich mit einem seitlichen Versatz der Welle von 1cm zur Seite erzielen können, wenn das Boot selbst neutral getrimmt wäre. In der Praxis wählt man oft einen Kompromiss zwischen seitlichem Versatz und Gewichtsvortrimmung, bzw. man unterscheidet je nach Bootstyp.

Die von MiSt aufgeführten Gründe zum Ausgleich des Propwalks sind je nach Ruderposition (rechts oder links vom Prop) auch gültig, wobei der dadurch entstehende Dreheffekt um eine Vertikalachse durch den Schwerpunkt bzw. um die Kielline relativ klein ist.

3. Wann und warum benutzt man Gewichtsvortrimmung, wann Versatz des Antriebs? Die Gewichtsvortrimmung hilft hauptsächlich dabei das Boot nach einer Kenterung wieder umzudrehen, führt aber dazu, dass das Boot ohne Antrieb schräg im Wasser liegt und auch bei einem Sprung über Welle in der Luft umkippen wird (weil dann das aufrichtende Motordrehmoment nicht wirkt). Bei Booten, die sich um die Kiellinie in der Kurve zur Seite lehnen, ergeben sich hingegen durch einen Seitenversatz völlig andere Hebelkräfte, eine nach rechts versetzte Antriebswelle taucht in einer Rechtskurve stärker ins Wasser ein. In der Praxis verwendet man den Seitenversatz daher hauptsächlich bei Hydros und nur relativ wenig bei Monos oder auch Ecos.

4. Während bei vollgetauchten Propellern z.B. im Eco auch im Boot das volle errechnete Drehmoment im Boot zu kompensieren ist, so ist dies bei halbgetauchten Propellern nur zu einem Anteil notwendig. Ein Teil des Drehmoments wird in Propwalk und Rooster umgewandelt - so zeigt das die Praxis. Eine korrekte theoretisch Erklärung dazu habe ich allerdings (bisher) nicht, nur die Beobachtung, dass ein halbgetauchter Prop mit minimalem Rooster deutlich mehr Drehmoment auf das Boot überträgt als eines mit einem hohen Rooster - wobei das Boot mit minimalem Rooster gleichzeitig auch schneller ist - nur dann wir die Motorleistung möglichst vollständig in Vortrieb umgesetzt.

Jörg

Magnus
5.October.2009, 07:07
Danke für die ausführlichen Erklärungen! Sollte bei mir glaube ich ein Doppelbruch sein (also nochmal /P). Auf jeden Fall ist deine Formel so richtig, ich bin aber auch auf Ergebnisse gleicher Größenordnung gekommen, daher gehe ich davon aus, dass ich auch mit der richtigen Formel gerechnet habe unabhängig was da unten im Beitrag steht. :prost: